Beitragvon Theo » Mi Mai 20, 2015 7:26
Ein immer wieder interessantes Thema ist der Zylinderfuß nebst Kolben.
Wie schon erwähnt, habe ich in drei Ebenen den Zylinderfuß innen vermessen und mit dem Kolbenmaß verglichen. Wie nach der kurzen Laufzeit erwartet hatte die Laufbahn noch keine Tonnenform und der Schliff war bis auf wenige µm zylindrisch, soweit ich das messen konnte.
Es gab leichte Laufspuren auf der EV und AV-Seite, die ich auch am Kolbenhemd wiederfand. Man hätte jetzt noch einmal leicht durchhonen und/oder im Kreuzschliff am Kolbenhemd arbeiten können, wenn man unbedingt gewollt hätte. Wollte ich aber nicht. Bei einem Rennmotor hätte ich es wohl gemacht. Ich gehe davon aus, daß bei konsequentem Warmfahren an dieser Stelle nichts Aufregendes passiert.
Ein echtes Manko waren die beiderseitigen Dichtflächen, von dem das Motorgehäuse glücklicherweise nicht betroffen war. Auf den ersten Blick sahen die Dichtflächen optisch gut aus, bis auf ein paar kleine Zopfbürstenriefen. Aus alter Erfahrung wußte ich, daß da Gefahr im Verzuge war, denn bei solchen Spuren kann man fast immer davon ausgehen, daß das Aluminium kurzzeitig zu heiß wurde und "weggeflossen" ist. Der Test mit dem Haarlineal hat es bestätigt - der Zylinder mußte zum Schleifen!
Also erstmal die Stehbolzen entfernt, was gar nicht so einfach war. Ich habe mich entschlossen, nur die Zylinderkopfseite schleifen zu lassen, weil der Zylinderkopf auch entsprechend vorbereitet war und das zudem fast ein Muß ist, wenn man den Motor etwas verändert. Dazu später mehr. Außerdem geben mir geschliffene Dichtflächen immer ein gutes Gefühl. Die kurbelseitige Dichtfläche sah zwar nach meinen Maßstäben auch kacke aus, aber die Pappe in Verbindung mit der gelben Pampe wirds schon richten - äh, dichten. Auch hier könnte man den Zylinderfuß an der Laufbuchse aufnehmen und die Dichtfläche leicht überdrehen. Aber irgendwann geht einem das Material aus, wenn man nicht möchte, deß der Kolben über den Zylinderrand lugt.
Vor dem Schleifen habe ich noch schnell vier Kühlrippen gerichtet, weil die Schieflage meinem ästhetischem Anspruch einen Tiefschlag versetzte. Das ging natürlich nur mit massivem lokalen Wärmeeintrag, um Bruch zu vermeiden. So vorbereitet trug ich den Zylinder zum Motorinstandsetzer meines Vertrauens, der trotz voller Werkstatt bis zum nächsten Tag 15/100 heruntergeschliffen hat. Ich meine, das wäre nie richtig dicht gewesen, schon gar nicht bei einem Epsilon größer 10.
Nach intensiver Reinigung bin ich mit der Spraydose am Zylinder entlang gelaufen und verschönerte das Kunstwerk mit der Aluminiumfeile, so daß jetzt blanke Kühlrippenenden den Motor zieren. Das kommt besonders gut, wenn die Kühlrippen auch gerade sind.
Es wurde Zeit, den Wiseco wieder einzuklemmen. Reichlich beölt fädelte ich ihn bis zur Kolbenbolzenbohrung in den Zylinder ein. Das blitzsaubere Gehäuse wurde mit der Fußdichtung belegt, mit Montagepaste versehene Paßbuchsen verschwanden in den beiden Löchern und der Zylinder bekam den obligatorischen Gummikragen und eine gelbe Wurst spendiert. Das Ensemble mußte im Bereich der Kolbenbolzenaufnahme leicht angewärmt werden, und nach grober Positionierung flutschte der Bolzen wie von selbst und gewaltfrei in sein Lager. Normalerweise nimmt der ehrgeizige Monteur einen neuen Sicherungsclip zur Hand. Ich hatte keinen für den Wiseco und bisher - klopf auf Holz - noch nie Probleme mit wiederverwendeten. Sie sollten allerdings in so einem Fall noch eine technisch ansprechende Form haben.
So getan konnte ich beruhigt den Zylinder in seine Lage drücken und die wunderschön geschliffenen Alumuttern anziehen. Am Steuerkettenschacht wie am Rest des Motors fanden neu schwarz verzinkte Schrauben ihr Plätzchen. Ein erstes Test-Durchdrehen ergab, daß der Kolben oben genau bis zur Zylinderkante läuft. Das wird später wichtig, denn 1mm Luft sollte immer zum Zylinderkopf bleiben. Der Kolben dehnt sich unter Wärme aus, der Kurbeltrieb reagiert bei hohen Drehzahlen elastisch, und so ist der verbliebene Freiraum schnell aufgebraucht. Wenn`s zu knapp ist, muß man alles wieder demontieren und den Kolben am Rand etwas abdrehen.
Pause.
Ich muß abschließend den interessierten Leserkreis für die Disziplin loben, den Fred nicht mit Kommentaren zerstückelt zu haben. Wer sich berufen fühlt, kann mir eine PN schreiben. Grobe Fehler meinerseits bitte ich hier anzuprangern, damit ich Abhilfe schaffen kann und das Irrwissen keine Eier legt.
Erlaubt ist, was gefällt !
Si libet, licet! Aelius Spartianus