DK-S-N 2010

Hier gehört alles rein, was nicht in die anderen Bretter passt. Wie Fragen zum Board, Kritik, Lob, Wünsche, Anmerkungen, Weltschmerz ...
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Theo
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DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » So Aug 15, 2010 11:02

Moin zusammen,

neulich war ich seit langem mal wieder mit der guten treuen XT auf Reisen. Da das für mich eine seit langem vermisste Erfahrung war, möchte ich meine Eindrücke hier gerne wiedergeben. Es sind vielleicht auch ein paar nützliche Tips für die Praxis dabei.

Die Vorgeschichte:
Die 81er XT hat sich meine Frau 1991 in Teilen gekauft, und ich habe sie komplett mit Motorüberholung wieder aufgebaut. Im Mai 92 waren wir auch gleich in S, was sich 94 und 95 noch einmal wiederholte. Ansonsten wurde sie zum Berufsverkehr eingesetzt und hat bis heute in 19 Jahren nur Wartungsarbeiten abgefordert.
Vor der Reise habe ich den optischen Komplettcheck gemacht, das Öl gewechselt und Kleinigkeiten repariert. Sie hat zwar nur 25TKM in den ganzen Jahren gemacht, aber der Zahn der Zeit nagt - auch am Fahrer.

Ein Zelt von Louise, eine zweite Gummitasche von Aldi Nord und Kleinkram wie Ersatzbirnen und Mini-Kettenspray usw. habe ich mir noch schnell besorgt.
Anm.: Anlaß der Reise war die Anfrage eines Freundes mit einer 47er BSA Dark Star, ob ich mit nach S möchte, was die Familie dankbarerweise bejahte. Schließlich war ich geschlagene acht!!!! Jahre nicht mehr mit dem Motorrad auf Reise. Die letzten Langfahrten habe ich mit Eigenbauten und dem V2 absolviert, meine letzte XT-Reise war 1995.
Ein umfangreiches Werkzeugpaket mit Kondensator, Regler, Kontakten, Ersatzschrauben und sonstigem Zeuchs rundete das Technikpaket ab.
Die persönliche Ausstattung blieb minimal, da nur max. 10 Tage geplant waren.

Die Fahrt:
Am Freitag morgen trafen wir uns also morgens an der letzten Tanke vor dem Fährhafen der Vogelfluglinie. Da Wetter war trocken und die Stimmung gut. Es konnte nach Skandinavien gehen...
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon healer » So Aug 15, 2010 13:05

hi theo,

schön mal wieder von dir zu hören!
ich freue mich auf die fortsetzung deines reiseberichts :D

gruss an deine frau

gruss vom
healer
yellow rulez


und das mache ich auch manchmal

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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » So Aug 15, 2010 16:52

Moin Healer,

bist Du unter die Kleinschreiber gegangen? Was macht d(m)eine XT?
Mit der wäre ich auch gerne losgefahren. :D :ja:
Ne Fortsetzung werde ich noch schreiben, allerdings werde ich meinen Schwerpunkt auf die Beschreibung des Wichtigsten reduzieren. Ist ja schließlich kein Bücherwurmforum. :wink:

Gruß an die Ostsee
Theo
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » So Aug 15, 2010 17:24

...auf der Fähre waren die üblichen urlaubs- und berufsgestressten Sackgesichter, nämlich Kraftfahrer und Eltern mit kleinen Kindern. Alle rennen nach dem Einparken wie die Besemmelten an die Pommestheke und besetzen vorher in altdeutscher bekannter Manier mit Taschen und Jacken sämtliche freien Tische - jedesmal der gleiche Scheiß!
Nach den 63€ für die einfache Fahrt am Hamletschloß vorbei sind Pommes bei uns nicht drin, wir kauern uns ruhig in eine Ecke und planen die Tour durch Sjaelland.
Drüben in Rodby/DK erwartet uns Regen, der uns für den Rest des Tages nicht mehr aus den Klauen läßt. Zunächst nieselt es nur, um uns den Tag nicht gleich zu verderben, und so nehmen wir die alte Strecke neben der E, um uns bis Köge durchzuschlenzen. Sehr schön, aber sehr geradeaus. Kaum zu glauben, daß hier früher der ganze Verkehr abgewickelt wurde.
Ich bezeichne DK immer als Weichspüler für Skandinavienfahrer, weil man schnell wieder in D ist, die Straßen gut ausgebaut sind, das Fahren nicht anspruchsvoll ist - genauso wenig wie die Landschaft. Überall lauert eine Tanke und das nächste Dorf ist nie richtig weit weg.

Wir trinken erstmal Kaffee an der ersten Brücke an einem malerischen Hafen, der in feine Bindfäden gehüllt nicht so recht daß 100%-Freugefühl aufkommen läßt. Die BSA und die XT laufen wie Uhrwerke, wir sind nicht aus Zucker und reiten unsere drei Zylinder sicher bis nach Helsingör. Mein Reisebegleiter läßt erst mal das Wasser aus seinen Schuhen, die einzige feuchte Stelle der ersten Etappe.
Rukkajacken und Thermoregenhosen halten uns warm und trocken. Solide Reisekleidung der mittleren und höheren Preisklasse macht auf Reisen absolut Sinn, kann ich nur empfehlen.
Wir machen rüber nach Helsingborg und erwischen eine klitzekleine Trockenperiode, die Hoffnung aufkeimen läßt. Die hält aber nur bis kurz nach dem Tankstopp am Ortsausgang - fy fan!
Wir sind also jetzt in S und bezwingen einen Teil der E, machen vor Hallandsasen einen Abstecher auf die kleinsten Straßen, um uns nach dem Höhenzug wieder in den Trott der E-Benutzer einzureihen. Der Regen hat inzwischen eine Heftigkeit erreicht, die wir nicht ohne Weiteres ignorieren können. Einher kommt zudem ein starker Seitenwind, so daß ich mit dem Dreistimmgabler schon echte Probleme habe und die Fahrbahn in der Breite voll ausnutze. Die Sicht ist echt kacke und ich verspüre einen Hauch von Unwohlsein (sprich: Angst).
Aus dieser ungemütlichen Situation heraus gibt es häufiger Verschnaufpausen und so hangeln wir uns bis östlich von Göteborg zu einem Freund, der uns trocknet und Unterschlupf anbietet. Nach fast 600km und 11h in diesem Wetter sind wir sowas von dankbar.
Unsere Handschuhe haben den Kampf gegen die Elemente gar nicht erst aufgenommen, die Jacken und Hosen haben gesiegt, die alten Regenklappvisiere sind Gold wert, die Stiefel meines Kumpels sind durch und meine - meine sind innen durchaus als trocken zu bezeichnen. Es handelt sich hier um meine neuen Feuerwehrsicherheitsstiefel mit Schnellverschluß, meine Nummer eins für weitere Fahrten...
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Lippi » Mo Aug 16, 2010 12:52

..weiter so...liest sich klasse

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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Mo Aug 16, 2010 21:27

...was zum Freitag noch zu sagen ist, ist Folgendes:
die XT machte ob des Regens ein paar Mucken in der Gemischaufbereitung - so dachte ich zumindest. Als alter Trichterfahrer kannte ich das schon; kurz mal den Vergaser von dem lästigen Regentropfen befreien, der um die Hauptdüse seine Kreise zieht; und schon läuft die Möhre wieder - so dachte ich. Aber anscheeten, es war doch etwas ernster. Durch den Dauerbetrieb und das mehrfache Tanken kam so richtig Wallung in die Tanksedimente, die sich in den Jahren des Nahverkehrs angesammelt haben. Diese mikrofeinen Zeitgenossen haben sich klammheimlich überall vorbeigeschlichen, um sich erfolgreich in kleinen Gruppen im Düsenstock zu postieren und den Benzinfluß mehr oder weniger kontrolliert zu verringern. Ihr Schweine! Zum Glück habe ich damit gerechnet und die entsprechenden Bestecke zur Hand, um die Lümmel zu eliminieren. Moped läuft wieder. :)

Nach dem hervorragenden Abendessen gehen wir also im Dunkeln über den Hof zu unserem Gästehäuschen. Und da passiert es: abgelenkt durch viel Schnacken trete ich auf einmal ins Leere und falle ins Bodenlose. Jungs - das fühlt sich echt Stoffwechselendprodukt an, wenn man den Grund nicht sehen kann. Instinktiv schnellen meine Hände vor und ich falle in einer wahrscheinlich komischen Pose etwa einen Meter tief und lande auf linkem Knie und Handballen, auf denen sich in Bruchteilen von Sekunden vergaserquerschnittsgroße Blankstellen (also ohne Haut) bilden. :cry: Mit Pflaster notdürftig geflickt versuche ich trotz der brennenden Schmerzen zu schlafen; am nächsten Morgen sind die braunen Schutzfolien total durchgenäßt. Ich mach neue drauf, denn wir wollen nach dem Frühstück mit ein paar Jungs nach Uddevalla zum Hot Rod Treffen....
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Di Aug 17, 2010 9:53

...ja, die XT, das legendäre Motorrad einer aufbrechenden Generation. Warum eigentlich? Im Reigen der frühen und erst recht heutigen gummibereiften Spielzeuge eher untermotorisiert und auf wackeligen Beinen stehend, mit diffusen Nachtfahrerlebnissen und einfachster Technik ausgerüstet ist diese Maschine nur etwas für Kenner. Gerade in ihrer Einfachheit und Zuverlässigkeit liegt der Reiz, diese gelungen kurvige Form, ...

Hach, ich schweife schon wieder ab, es sei mir verziehen. Aber wenn ich so Fransels aus südöstlichen Bundesländern mit "Polarzirkel" und "Nordkap"-Aufklebern auf allen Koffern sehe, die mit fahrenden Ohrensessel wie 1300erBMW die Strecke entspannt in drei Tagen mit Mutti hintendrauf fahren können und ich weiß wie mir nach 500km auf der zu weichen Sitzbank der Arsch brennt, dann merke ich auf der XT, daß ich lebe!

Also - Uddevalla steht heute auf dem Speiseplan der Urlaubsfeinkost. Ich war noch nie auf einem Hotrod-Treffen, aber als langjähriger Enthusiast der schwedischen Motorszene weiß ich jetzt schon, daß ich es nicht bereuen werde.

Wir treffen uns bei einem Freund mit insgesamt drei Engländern, diversen HDs und einem Streetrod. Vorher noch ein Blick in die Garage desselben, da stehen zwei V8 in bestem Zustand und als bekennender Fan aller motorisierten Fahrgestelle fallen mir fast die Glotzkorken aus der Rübe. Schnell weiter.
Das sonore Schnarren der drei Engländer vor und hinter mir gibt der etwas über 100km langen Ausfahrt den passenden akkustischen Anstrich, als wir so auf kleinen Straßen durch die Kurven bügeln. Das ist für mich eines der Highlights, ich sauge dieses Erlebnis genau wie den unverkennbaren Duft der Wälder, die wir durchschneiden, tief in mich hinein. Die XT hält gut mit, wir fahren so max. 100.

In Uddevalla geht es zu einem kleinen Wäldchen mit einem Minihügel, wo sich schon Hunderte!! V8 in allen Variationen eingefunden haben. Von original bis zu sämtlichen Stilrichtungen ist alles vertreten. Das muß man mit eigenen Augen gesehen und gehört haben. Die Auswüchse sprengen lässig die Vorstellungskraft deutscher Mitarbeiter in Überwachungsvereinen, und (fast) alles ist hier erlaubt. Die Damen und Herren laufen hier sogar in 50er Jahre-Klamotten rum und die Musik ist auch überall zu hören, immer wieder unterbrochen vom Fauchen und Blubbern der hubraumschweren Aggregate in Posingstellung.

Höhepunkt des Nachmittags ist das Rennen von 24 Autos und acht Motorrädern den Waldweg hinauf, die in vier Klassen gegen die Zeit fahren. Ein Mordsspektakel im Grünen mit Picknick - unglaublich. Wie röhrende Hirsche in der Brunft donnern die Boliden über den Sandweg und hinterlassen eine Wolke aus Staub und Ölgeruch, die bei den Zuschauern das gerade Erlebte noch etwas nachwirken läßt.

Abends dann die übliche Party mit Musik und Suff, ich verbringe Stunden mit dem Studium amerikanischer Motorbau- und skandinavischer Umformkunst. Vom V2 bis zu Reihen-Achter ist hier alles vertreten, als Maschinenbauer eine Augenweide und Kurzweil für mich. Schlagartig werden verloren geglaubte Sprachkenntnisse wieder wach und ermöglichen so manches intensive Gespräch. Mit dieser Mechanik-Droge betäube ich bis spät in die Nacht meine Sinne und gehe gemartert in mein Zelt. In der Nacht fängt es wieder an zu pullern...
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon xtjack » Di Aug 17, 2010 16:09

.............. :applaus:

Jack...
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Die meisten Dinge gehen nicht durch Gebrauch kaputt, sondern durch putzen....

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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Karsten K » Di Aug 17, 2010 16:24

Sehr schön zu lesen.
Gute Fahrt und viel Vergnügen

Karsten

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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Feuerstuhl » Di Aug 17, 2010 17:34

Freue mich schon auf die Fortsetzung!

Immer wieder kann man hier wirklich schön gemachte Berichte lesen- um so mher ist mir ein Rätsel, dass sich Motorradbücher leider so gar nicht in Dtld. verkaufen lassen- an diesen Forumsteilnehmern kann es schonmal nicht liegen!

Har det mycket bra!

F.
Bazinga!

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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Di Aug 17, 2010 17:42

Sehr schön zu lesen.
Gute Fahrt und viel Vergnügen

Karsten
Hallo Jungs,

vielen Dank für die Blumen und die Ermutigung, weiter zu schreiben.
Ich muß über neun Tage Erinnerung überbrücken, und ich habe noch zwei, drei Teile zu schreiben.
Ich muß in kleien Häppchen schreiben, weil sonst die nutzbare Kapazität meines Gehirns überschritten wird. Ich habe nämlich noch Urlaubsmodus. Vielleicht kommt heute abend noch ein kleiner Teil. Jetzt gehe ich erstmal schnitzen.

Gruß
Theo
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Di Aug 17, 2010 20:26

...gestern abend habe ich noch schnell Mini-Service gemacht: nach dem Pegel im oberen Rahmenrohr geschaut und lieber vier Tropfen hinzugegeben. Dann die malträtierte Kette: der Regen der ersten Etappe hat viel Reinigungsarbeit geleistet, etwas Kettenspray ist erforderlich. Das vor dem Urlaub montierte 17er arbeitet hilfsbereit mit, um die bepackte Fuhre auch im Fünften über den Berg zu bringen. Der serienmäßige Motor mit O-Vergaser und Scheibenausgang hat erstaunlich viel Drehmoment im Vergleich zu anderen Serienbrüdern, deshalb habe ich auch das große Mehrzahn gewählt. "Berg" ist hier natürlich aus Sicht eines Flachländers zu verstehen.

OK, die XT ist versorgt, ich nehme mein übliches Riesenfrühstück ein, daß wie immer den Körper über Tag mit portionsweisen Energiezuteilungen am Leben hält, und wir beschließen so gegen mittag die halbwegs trockenen Notunterkünfte einzurollen und weiter Richtung Norden zu tuckern. Kleine, kleinste und noch kleinere Straßen werden unter die Räder genommen. Für die XT kein Problem, die BSA federt vorne mit der zuverlässigen Girderforke alles weg und der Starrahmen schüttelt lediglich das Gepäck durch. Nicht weil mein Kumpel einen fetten Arsch hat, sondern weil er auf einem Federsattel sitzt. Selbst Sandpisten scheut die sehr zuverlässige Britin nicht. Wir eiern in dieser Art langsam bis ins Dalsland bei Mellerud, ohne daß etwas Superaufregendes passiert. Man träumt so vor sich hin, genießt die Landschaft und das Pröppeln der drei Auspuffrohre. Nur einmal schreckt ein junges Reh direkt vor der XT hoch und rennt mir fast in die Fuhre. Adrenalin satt drückt sich durch meinen Körper und versetzt alle Stationen in höchste Gefechtsbereitschaft. Nach ein paar Minuten beruhigt sich die interne Lage und ich fahre stabilisiert weiter.

Vor sieben oder acht Jahren sind wir hier mal mit dem Auto über eine supergeile Straße mit extremen Kurven und Steigungen gefahren. Damals habe ich mir gesagt: hier einmal mit der XT langbügeln. Ich rufe also in D an und frage nach der genauen Lokalität und bekomme eine Antwort, deren GoogleMaps sich schämen würde. Dem Wagemutigen hilft das Glück, und ich finde die Straße tatsächlich. Ein kurzer Hinweis an das BSA-Gespann und ich brause davon. Hier kann die feine Dame nicht mithalten, wenn ich wie besessen die Piste abreite. Das macht so einen Heidenspaß, daß ich brüllen muß vor Freude. Die BSA hechelt hinterher, aber das Fahrwerk hat seine physikalischen Grenzen.
Glücklich und total aufgeregt erreiche ich das Ende der Straße und muß erstmal tief durchatmen. Dann mischt sich Sorge um meinen Mitfahrer in meine Gedanken, doch da höre ich schon das vertraute Tuckern des Twins. Die Welt ist in Ordnung.
Auf dem Weg nach Arjäng suche ich uns einen Lagerplatz für die Nacht und werde auf einer kleinen Halbinsel fündig...
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Bertel » Di Aug 17, 2010 20:44

Hallo Theo,

vielen Dank für die Kurzweil, welche Du nicht nur mir bereitest.
Das erinnert mich auch wieder an unseren Urlaub in Schweden in Juni dieses Jahr und vor allem an unseren Beschluss, dass beim nächsten Mal Schweden die XT am Haken mit dabei sein wird. Die Strassen da oben sind nun mal wie gemacht für unsere Mopeds.

Weiter so.

Gruß
Bert
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Di Aug 17, 2010 21:40

...ein absoluter Geheimtip für Freunde der Malboro-Lagerfeuerromantik, wenn man gewillt ist, eine kleine Geländepassage zu bewältigen. Hört sich kitschig an, ist aber ein absoluter Kick auf meinen Reisen. Man stelle sich zurückgelehnt im Sofa folgende Situation vor:
ein flacher Felsrücken, der krüppelkieferbewachsen in den See hineinreicht, in seinen Niederungen ein weicher, federnder Teppich aus etwas Erde und Tannennadeln, der mediterrane Geruch des Baumschweißes, ein Lagerfeuer, der See wie ein Spiegel bei absoluter Windstille, rötlicher Sonnenuntergang, kein Zivilisationsgeräusch stört die unheimliche Stille - und du sitzt da mit einem spärlichen Abendbrot neben deiner XT und bist total glücklich und zufrieden! Das ist es! Darum fahre ich so gerne in die "Einsamkeit". Ein Mann und seine Maschine erobern die Weite.

Der See lockt mit moderaten Temperaturen und einer Natursteintreppe zu dem täglichen Pflichtbad. Mitten im See auf einem Felsen und bis zu den Knöcheln im Wasser stehend putze ich meine Zähne.

Mein Zelt (80 Öcken von Louise) ist in drei Minuten aufgebaut und hat sich bereits als wasserdicht wiesen. Ich lade den Freund in mein Zelt ein, denn es bietet genug Platz für zwei. Das erspart unnötige Arbeit. Im Gegenzug holt er sein Kochgeschirr hervor und kocht einen vorzüglichen Tee. Die kargen Essensvorräte werden ausgebreitet und brüderlich geteilt. Wir quatschen nicht viel und genießen den wundervollen Sonnenuntergang, bevor es in den Ajungilak geht.

Jetzt hat der Urlaub mich richtig gepackt! Wir schlafen mit einer Begleitmusik verschiedener Tierlaute ein und beenden entspannt den dritten Reisetag...
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Re: DK-S-N 2010

Beitragvon Theo » Di Aug 17, 2010 22:35

...ich habe Pläne für den weiteren Reiseverlauf. Mein Kumpel allerdings auch. Da unsere Pläne nicht übereinstimmen, beschließen wir gemeinsam, erst einmal getrennt weiterzufahren. Das ist kein Problem, weil wir beide gewohnt sind, alleine zu reisen und auch beide mit den entsprechenden Überlebenspaketen ausgestattet sind.

Als Langstreckenläufer habe ich meine Klamotten mitgenommen und gehe erst einmal eine Stunde auf die Strecke, derweil das Frühstück angerichtet wird. Ein morgendliches Bad läßt den Schweiß stark verdünnt im See zurück, das Sportdress trocknet in kurzer Zeit auf einem Spanngurt zwischen Lenker und Gepäckträger in der Sonne. Leider hat das Knie beim Sturz etwas abbekommen, es meldet sich mit eindringlichem Schmerz, und beide Schürfstellen sind immer noch offen. Das ist insofern suboptimal, weil Hose und Handschuh trotz Pflaster immer kleben bleiben. Deswegen stopfe ich jetzt die dicke Lederhose in die Gepäckrolle und fahre bis auf weiteres in Shorts und Thermohose weiter. Die Temperaturen nötigen mich ebenfalls zu dieser Maßnahme.

Wir machen uns wieder auf den Weg, und bei der Geländepassage wird der Seitenständer der BSA geopfert. Glücklicherweise finden wir alle Teile wieder und wir flicken notdürftig die leichte Blessur. Jetzt trennen sich unsere Wege und wir machen uns in entgegengesetzten Richtungen davon...
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